Phosphor auf Rote Kreuze – Dresden 1945…

13 Feb

th“In riesigen Dimensionen leuchteten von den Dächern die roten Kreuze in weißem Felde. Die Genfer Konvention hatte diese Kennzeichnung so vorgeschrieben. Alle Nationen der Welt verpflichteten sich, diese Zeichen zu respektieren. Das Leben der nicht mehr Kampffähigen sollte  geschützt werden. An diesen vielen Lazaretten lag es wohl, daß der Volksmund behauptete, Dresden werde nicht angegriffen.  Dresden sei zur Stadt der Verwundeten erklärt worden. Die Bomben und Phosphorkanister fragten nicht, ob Fabriken, Wohnstätten oder Krankenhäuser. Sie explodierten dort, wo sie niederfielen. Nicht ein Krankenhaus oder Lazarett blieb verschont.

Als der Vollalarm einsetzte, richteten sich die armen, vom Kriege Gezeichneten in ihren Betten auf. Unruhig tasteten die Hände der Blinden über die Bettdecken. Wie ängstliche, flatternde Vögel sahen die Bewegungen der feinnervig gewordenen Finger aus. Die Beinamputierten dagegen stützten sich auf ihre stark gewordenen Arme. Auf den geballten Fäusten balancierten sie zu zu den Fußenden ihrer Betten. Nervös eilte das Pflegepersonal umher. Bevor jedoch jeder recht begriffen hatte, welche Gefahr drohte, zischten schon die Stabbrandbomben in die Baracken. Einige Phosphorkanister zerplatzten auf den Dächern. Glühender Phosphor schoß an den Fenstern vorbei. Es sah aus, als wenn ein Platzregen leuchtende Wassermassern herabschütten würde. Aber diese Ströme bestanden aus Feuer. In die Baracke sauste eine der neuartigen Benzinbrandbomben hinein. Beim Aufschlag schoß eine Benzinflamme von vier Metern Länge heraus und setzte die Betten in Brand. Wilde Schmerzensschreie gellten auf. Einige verbrannten, ohne noch einen Laut von sich geben zu können. Eine unbeschreibliche Panik brach aus. Blinde liefen mit nackten Füßen in  Phosphor hinein. Beinamputierte hüpften auf ihren Fäusten den Ausgängen zu. Hilferufe von allen Seiten! Aber der Höhepunkt war noch nicht erreicht. Weiter prasselten die Bomben erbarmungslos auf die Ärmsten der Armen hernieder, denen der Dank des Vaterlandes versprochen worden war. Und dieses Vaterland konnte sie nicht einmal in ihrem Elend vor weiteren Verwundungen, Verbrennungen und vor dem Tode schützen.

Und Gott schwieg. Gab es noch einen Gott?  Er ließ es zu, daß die Kreaturen, die er nach seinem Ebenbild erschuf, jämmerlich gequält wurden, jämmerlicher umkamen als jemals Menschen zuvor. Und mit diesen Blinden und Beinlosen die Einwohner einer Großstadt und 500000 Flüchtlinge, die dem entsetzlichen Rasen einer entfesselten Kriegsfurie wehrlos ausgeliefert waren..

Ein grotesker Anblick. Die hüpfenden, tastenden Kriegsopfer in ihren gestreiften Anzügen. Die Blinden sprangen hoch, wenn sie in glühende Asche traten. Mit eckigen, ruckartigen Bewegungen hasteten die Beinamputierten auf ihren blutenden, verbrannten Fäusten dahin. Auch hier dieser ekelhafte, scharfe Geruch verbrannten Fleisches. Beizender Qualm, der die Lungen verpestete. Der Phosphorregen, dieser Teufelssaft, floß in nicht enden wollenden Strömen von oben herab. Tonnen hingen am nachtdunklen Himmel. Oder waren es Fallschirme, an denen der Tod zur Erde langsam herabsank? Aus windmühlenartigen Flügeln spritzte brennender Phosphor. Wo er auftraf, erstarben Mensch, Tier und Pflanze. Ein tolles Feuerwerk der Vernichtung.

Aus den Gluten der Baracken flohen die Kriegsversehrten. Blinde trugen Beinamputierte, die ihnen den Weg wiesen. Ein Zug dieser Elendsgestalten, grausiger, als eine erhitzte Phantasie ihn sich vorstellen konnte, flüchtete zu den Gittern. Dann standen sie vor den hohen, verschlossenen Eisengittern, vor den Eisentoren. Niemand besaß einen Schlüssel! Aber sie mußten herauskommen. Die Bäume, das Gras brannten, dazu die Hitze der brennenden Baracken.

Menschenpyramiden wurden errichtet. Die Blinden standen übereinander und hoben die Beinamputierten hinauf, ließen sie jenseits der Eisengitter zu Boden fallen. Niemand hemmte ihren Fall. Keine hilfreiche Hand streckte sich ihnen entgegen. Dumpf schlugen die Körper auf. Manche blieben liegen, manche hasteten, auf ihre Fäuste sich stemmend, davon. Spaten, was nur irgendwie ihren Lauf unterstützen konnte, klemmten sie sich in die Achselhöhlen.  Schreiend humpelten sie auf blutenden Beinstümpfen davon. Später fand man sie. Lebende und Tote. Zwischen verkohlten Bäumen und Büschen und schwarzem Gras. Die blau – weiß  gestreiften Kittel zerfetzt, blutgetränkt, verbrannt.”

( Rodenberger, Axel, Der Tod von Dresden – Ein Bericht über das Sterben der Stadt – , Landverlag GmbH, Dortmund 1951, S. 86 ff. )

Wenn dieser Opfer  eines „Holocaust“ aus der Luft nicht gedacht wird,  dann darf  keiner Opfer mehr gedacht werden.

Denn es handelt sich um eines der größten Menschheitsverbrechen, die je geschahen: http://www.mmnews.de/index.php/politik/12065-die-feuerhoelle-von-dresden

Vorläuferblog und Archiv hier: http://metapolitika.wordpress.com/